Was liest du? Die Wahre Bücherliste, Mai 2009.

Bücher lesen. Leviten lesen. Weinlese: Ich will gar nicht groß nach den Gemeinsamkeiten fragen, sondern einfach nur darauf hinweisen, dass mir diesmal kein besserer Einstieg eingefallen ist.

Gerne nehme ich in Kauf, dass ich für diese Plattitüde gerügt – oder meinetwegen auch verachtet werde. Aus gutem Grund: Ich freu mich nämlich sehr, dass ihr, die ihr jeden Monat eure Titel und Kommentare einsendet, die Wahre Bücherliste am Leben haltet! Was wäre ich ohne euch? Ihr seid das Salz in der Suppe. Die Luft für die Liste. Die Linsen in der Suppe. Macht weiter so. Immer wieder. Und lasst mich nicht im Stich.

Und jetzt die Bücherliste! Vorhang auf – voila!

BELLETRISTIK

1. Andreas Brandhorst: Äon (3)
Sonst schreibt Andreas Brandhorst ja Science-Fiction, diesmal einen Thriller. Lesefutter halt.

2. Michael Marshall: Der zweite Schöpfer (3)
Sehr konstruierte Geschichte mit grausamem Ende.

3. T.C. Boyle: World's End (2)
Wie alles vom Meister - prima!

4. John Grisham: The Appeal (2)

5. T. C. Boyle: Die Frauen (2-)

6. Irvin D. Yalom: Der Panama-Hut: oder Was einen guten Therapeuten ausmacht (2)
Mal wieder: ein Buch, das ich irgendwann angefangen und dann weggelegt habe, weil es sich nicht eignete für die abendliche Viertelstunde vorm Einschlafen. Aber bei einer stundenlangen Zugfahrt durch die Republik hat dann der zweite Anlauf geklappt.
Interessant ist Yaloms "szenischer Bericht" über 45 Jahre als Therapeut, die Tücken und guten Seiten, das Verhältnis zu seinen Patienten und die Einsicht, dass er von ihnen beizeiten genauso viel lernen kann wie sie von ihm auf jeden Fall. Unterhaltsam auch und, ja: lehrreich, obgleich wenn das immer nach Mittelstufe klingt. Empfehlenswert.


7. Haruki Murakami: Wie ich eines schönen morgens im April das 100%ige Mädchen sah (4+)
Ach, was soll ich nur anfangen mit diesem Murakami, der von der Rezensionspresse ebenso wie von einer hochbegeisterten Anhängerschaft mit Lobeshymnen überschüttet wird, in denen sich Superlativ um Superlativ das Staffelhölzchen in die Hand geben …
Nach "Gefährliche Geliebte", das ich so gar nicht mochte, zunächst "Norwegian Wood" – auf Englisch, weil die englischen Ausgaben seiner Werke angeblich oft besser übersetzt sind. Das zumindest gefiel, irgendwie. Nun Kurzgeschichten – die waren gar nicht mein Fall. Von insgesamt neun mochte ich zwei, keine gute Quote.


8. Christoph Schlingensief: So schön wie hier kanns im Himmel gar nicht sein (3+)
Gemein ist das Gefühl, dass es sich irgendwie verbietet, über das "Tagebuch einer Krebserkrankung" negativ zu sprechen. Also stelle ich das Positive voran: Ich mochte den Titel wahnsinnig gerne … Und sicher greift Schlingensief Themen auf in seinem Buch, die es mehr als verdienen, so vor allem die Frage nach dem Umgang der Gesellschaft mit ihren Schwachen und Kranken. Der Blick in seine Seele, das Öffnen hin zum Leser mit seinen Ängsten, will zumindest mit mir nicht gelingen. Zu oft klingt er nicht authentisch, nicht wirklich bei sich, sondern in Gedanken schon wieder damit beschäftigt, wie werden die Leute darauf reagieren? Das Buch wirkt nie wie ein "echtes Tagebuch", sondern immer wie die Sammlung von Gedanken, die schon im Moment ihrer Entstehung dazu angedacht waren, Publikum zu haben. Schade, irgendwie.

9. Carole Matthews: You drive me crazy. Falling in love can be a bumpy ride (4+)
Ich lese gerne mit Humor gespickte Frauenschnulzen, allerdings bitte auf Englisch. Perfekte Bettlektüre, wenn auch mit hoher Ausfallquote, weil die wenigsten Schriftsteller das mit leichter Hand beherrschen. Und – Matthews gehört leider nicht dazu: Langweilig, klischeebeladen, ohne Sprachwitz.

10. Julia Franck: Die Mittagsfrau (o. W.)

11. Thomas Bernhard: Auslöschung (1)

12. Pascal Mercier: Nachtzug nach Lissabon
(2-3)

Das Buch handelt vom Lehrer Raimund Gregorius, der mitten im Unterricht plötzlich seine Klasse verlässt, um sich auf den Weg nach Lissabon zu machen. Er folgt dort den Spuren eines geheimnisvollen portugiesischen Autors. Er entdeckt nicht nur eine spannende Geschichte rund um den Autor und dessen Arbeit und Leben während des diktatorischen Regimes in Portugal, sondern reist auch immer wieder zurück in seine Vergangenheit.
Das Ende soll noch sehr spannend werden, verspricht der Einband, so weit bin ich noch nicht gekommen. Von mir gibt es nur eine 2-3, denn das Thema ist spannend, literarisch bestens in der Wortwahl, doch ein wenig langatmig zu lesen. Man möchte aber doch wissen, wie es weiter geht ...


13. Sven Regener: Neue Vahr Süd (3-)
Über 600 Seiten des norddeutschen Schnacks. Komprimiert aufs Wesentliche gäbe es vielleicht ne nette Kurzgeschichte ... eben halt mal so. Aber eigentlich nach "Herr Lehmann" überflüssig.

14. Judith Hermann: Alice (o. W.)
Eine Note kann ich noch
nicht senden, da ich noch im Buch stecke. Bis jetzt finde ich es auf jeden Fall großartig, das Warten hat sich auf jeden Fall gelohnt.


15. Laura Ruby: Familienbetrieb (2-3)
Ein Roman über Patchworkfamilien, Zweitehen, Scheidungsdramen, Stiefkinder in der Pubertät u. s. w. Das Buch ist geschrieben wie ein französischer Episodenfilm, nur nicht so gut. Geholfen hat mir, dass am Anfang ein Stammbaum abgebildet ist, sonst wäre ich in den Verflechtungen aus Ex-, Noch-, Vielleichtmännern, Kindern und Stiefkindern, Müttern, Ehe- und Zweitehefrauen, Freundinnen, Bekanntschaften und Feindinnen untergegangen.

16. Andreas Eschbach: Eine Billion Dollar (2)

17. Raymond Chandler: Der lange Abschied (o. W.)

18. David Foster Wallace: Der Besen im System (3-4)
Ich muss gestehen, ich bin immer noch nicht weiter. Das spricht wahrscheinlich so gar nicht für dieses Buch, obwohl ich irgendwo gelesen habe, dass es ganz toll sein soll. Ich versuche dran zu bleiben und irgendwann sagen zu können: Ich habe es geschafft, obwohl ich natürlich der festen Überzeugung bin, dass ich Bücher nicht durchlesen muss. Ich kann sie auch einfach ins Regal stellen und dann können sie dort weiterleben. Aber mittlerweile habe ich Angst vor dem Aufstand der ungelesenen Bücher, die sich über mich als Leser hermachen werden, weil ich eher ein Nicht-Leser bin.


SACHBUCH

1. Kress-Verlag: Kress Köpfe 2005/2006 (4)
Viele Köpfe dabei, die kein Mensch kennt.

2. Sabine Streich: Videojournalismus (2)
Leicht verständlich geschrieben.

3. Markus Körner: Geschäftsprojekte zum Erfolg führen (4)
Macht auf mich einen unstrukturierten Eindruck. Ist sehr theoretisch. Und überdies voll mit Rechtschreibfehlern.

4. Christian E. Elger: Neuroleadership (4)
Langweilig. Scheint auch nichts Neues zu enthalten und wiederholt sich.




Warum gibt es eigentlich die Wahre Bücherliste? Weil sie beweist, dass Bestseller-Listen Bestseller-Listen sind. Und die Wahre Bücherliste die wahrscheinlich einzige Liste ist, die Bücher auflistet, die auch gelesen und nicht nur gelistet werden. Von echten Leserinnen und Lesern. Die noch echt lesen. Und wie geht das? Verschiedene Leute reichen die Titel der Bücher ein, die sie im vergangenen Monat gelesen haben bzw. gerade lesen. Sie benoten das Buch – wenn sie wollen – und schreiben eine kleine Kritik – wenn sie wollen.

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