Wir alle kennen die Gebrüder Grimm. Haben Märchen geschrieben. Stimmt. Viele Geschichten, die wir in- und auswendig kennen. Deswegen dachte ich Heiligabend auch, dass ich aus dem Werk "Kinder- und Hausmärchen" einfach mal was vorlesen könnte. Kinder waren zwar nicht anwesend, aber das war im Rückblick auch ein kleines Glück. Ein kurzes Märchen hatte ich schnell gefunden: "Die Rose" hat gerade mal elf Zeilen. Das ist schnell vorgelesen. Allerdings war die Freude am Ende des Märchens nicht mehr auf meiner Seite. Auch nicht auf der Seite der Zuhörer. Betretenes Schweigen. Fazit: "Die Rose" war schlicht ein Fiasko. Einer der Sätze lautete: "... die Mutter ging zum Bett und fand das Kind tot." Scheint eher ein Märchen für Totensonntag.
lemski (importiert durch analogarchi) - 31. Dez, 19:09
Der große T. hat mir letztens eine Hörbuch-CD mit dem viel sagenden Titel "Endlich schlagfertig" ausgeliehen. Man weiß nie, wofür man dieses Wissen gebrauchen kann. Hab auch schon eine CD gehört. Im Laden an der Benrather Straße überfliege ich tags darauf meinen Geldbestand und stelle fest: ist zu wenig. "Passt ihr mal eben auf meine Tasche auf, muss zum Geldautomaten!", höre ich mich sagen und anschließend den Mann mit dem spacig-gegelten Fransenpottschnitt antworten: "Klar, wenn keine Bombe drin ist!" Huah! Sehr spontan erwidert, ich eile in Gedanken zu meiner Tasche, die ich eigentlich zurücklassen wollte, greife hinein, hole eine ansehnliche Urkunde mit dem Titel "Mister Mega-Superschlagfertig" heraus und überreiche sie dem Kerl. Dann geh ich zum Geldautomat. Kreativgeld ziehen.
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lemski (importiert durch analogarchi) - 31. Dez, 16:42
Ob es Sinn macht? Was wollen wir mit dem Sinn machen? Ihn einfrieren? Konservieren? Austrocknen? Möchten wir etwa realisieren, dass wir etwas sehr Großes realisiert haben? Nun, wenn es Sinn macht. Gerne. Eigentlich. Und dann ist da ja noch das Erinnern. Wenn wir das erinnern und realisieren, was Sinn gemacht hat. Deckel drauf. Und zu. In 2007 wird nicht alles besser. Aber auch nicht alles schlechter. Eins steht fest: Aus irgendeiner Ecke kommt ein neuer schäbiger Anglizismus gekrochen. Und macht sich breit. Was das Schlimmste ist? Dass man nicht entfliehen kann. Weil es irgendwann jeder sagt. Weil wieder nachgeplappert wird. Und irgendwann ist alles gleich. Hört sich vielleicht auch noch ein bisschen Deutsch an. Aber nicht mehr gut. Die gute Nachricht steht in der Bibel. Aber das müssen wir auch erst mal realisieren.
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lemski (importiert durch analogarchi) - 31. Dez, 16:41
Gerade im Rewe-Markt um die Ecke: Dudelt da doch tatsächlich "Saints Are Coming" aus den Lautsprechern - ein gemeinsames Lied von U2 und Green Day. Punkrock meets Glorifizieurung des missionarischen Gestus. Und ich mitten drin. Obwohl Lebensmittelmärkte an sich ja nicht gerade originäre Stätten der Jugendkultur sind, hab ich kaum Zweifel, dass das Lied hier schon ganz richtig ist und seine Zielgruppe findet: nämlich alle. Auch die Oma mit dem blauen Strickhut, die gerade ein Päckchen Jacobs-Kaffee in ihren Einkaufswagen wirft. Ach, lassen wir es doch einfach. Musik ist Geschmacksache. Ist es das wirklich? Ist ein Refrain wirklich Geschmacksache, wenn er nicht mehr bietet als den melodiösen Charme eines Abzählreims? Dürfte mich eigentlich auch nicht wundern. Wundert mich auch nur, weil es etwa drei Millionen Songs auf dieser Welt gibt, die fünf Millionen Mal besser sind als dieses Relikt einer U2-Green-Day-Kolobaration. Das Schlimme ist auch gar nicht, dass es sowas gibt. Das Schlimme ist, dass sowas gespielt wird.
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lemski (importiert durch analogarchi) - 31. Dez, 16:40
Liebe Blogger, Schreiber, Texter, Journalisten, Online-Redakteure: Ihr seid nicht schuld. Schuld sind die USA. Sie sind schuld daran, dass der Bindestrich bald aussterben wird, weil ihn keiner mehr benutzen mag. Mittlerweile sind Tastaturen in Planung, auf denen es keine Bindestrich-Taste mehr gibt. Und daran sind die USA schuld, weil alle so toll amerkanisch-cool schrei(b)en wollen wie die Amerikaner in den US und A. Weil alle meinen, was im amerikanisierten Englisch klappt, kann doch auch im Deutschen nicht falsch sein. Ist es aber wohl - und hat deshalb einen bedeutungsschwangeren Namen:
Deppenleerzeichen. Also, Jungs und Mädels an den gut organisierten Schreibtischen: Passt auf eure Tastaturen auf! Auf dass ihr noch lange ganz viele Bindestriche schreiben könnt. Bis in alle Ewigkeit. Amen.
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lemski (importiert durch analogarchi) - 31. Dez, 16:39
Moment mal, ich überlege mal schriftlich: Wenn ich wollte, könnte ich doch jeden Montag die sonntägliche Lindenstraße kommentieren. Ich könnte das selbstverständlich auch schon am Sonntag tun, möchte das Geschehen aber erst mal sacken lassen. Über die letzte Folge könnte ich heute zum Beispiel schreiben, dass ich das Gefühl habe, dass nicht nur eine Triene geschwäbelt hat. Kann aber auch falsch gefühlt sein. Bei einer Sache bin ich mir aber sehr sicher: dass der Julian nämlich die Kling kriegen wird! Weil: Sonst wär das nämlich nicht spannend. Weil die Drehbuchschreiber ja wollen, dass Julian mit Marcella ins Bett steigt. Alles andere wäre reine Langeweilerei. Und wenn ich irgendwann mal wieder was über die Lindenstraße schreiben sollte, könnte ich mich zum Beispiel darüber auslassen, dass selbst Lisa langweilig geworden ist. Was wiederum gegen meine Theorie über Julian/Marcella spräche.
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lemski (importiert durch analogarchi) - 31. Dez, 16:38
Gestern war mal wieder Party. Auf einem Boot. Eigentlich ganz schön. Wenn nur nicht diese wichtigen DJs gewesen wären, die die Musik zu zweit kontrollierten. Und das gar nicht mal so gut. In ihren gleichgeschaltet grün gestreiften Hemden waren sie die Helden des Abends - zumindest aus ihrer Sicht. Hatten zu allem und jedem was zu sagen. Nicht schön. Und auch nicht witzig. Da lob ich mir doch
DJ Walumm: Die Dame aus Fernost hat ihre Technik sowas von im Griff und hält sich selbst unmerklich zurück, dass man manchmal gucken muss, ob DJ Walumm überhaupt noch da ist. Sehr cool und überzeugend. Jetzt aber zurück zu den gestreiften DJs: Die hatten gleich eine neue Mikrophon-Geste mitgebracht. Sie pressten das Mikro beim Sprechen immer direkt unter ihr Kinn, um die Rückkopplungen zu verhindern. Sah echt blöd aus. Und passte deshalb sehr gut.
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lemski (importiert durch analogarchi) - 31. Dez, 16:37
Wer im Texterhaus sitzt, soll nicht mit Wörtern werfen! Richtig. Aber manchmal wäre es doch richtig schade, wenn besonders aufregende Entgleisungen nicht veröffentlicht würden. Wie in diesem Fall: Der Feinkostladen um die Ecke hat neuerdings (oder auch schon länger) Weingummi im Angebot. Da die Klientel vorwiegend aus Nicht-Schweinefleisch-Verzehrern besteht, möchte der Ladenchef darauf hinweisen, dass die Gelatine nicht vom Schwein stammt: “Süßigkeiten mit Gelatine sind aus Rind”. Gute Idee! Nur nicht gut umgesetzt. Selbst hungrige Fleisch-Esser wollen kein Weingummi, das komplett aus Rind besteht. Oder seh ich das als Vegetarier zu verbissen? Egal! Wohl bekomm’s!
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lemski (importiert durch analogarchi) - 31. Dez, 16:35
Ein Nachtrag zum Thema “Duschen”: Aus gut informierten, nur mir zugänglichen Quellen erfahre ich gerade, dass es Leute gibt, die zweimal am Tag duschen - morgens und abends. Nun: Das ist fast so schlimm wie vollbaden. Aber eben nur fast. Stellt sich die Frage, warum Menschen so viel duschen müssen, obwohl sie im Büro hauptsächlich vorm PC darauf warten, dass Feierabend wird. Es gibt nur eine Erklärung: Morgens machen sich diese Menschen frisch für die Arbeit und abends duschen sie sich ihren Bürofrust ab. Oder schwitzen diese Menschen doch? Vielleicht aus Angst, beim Nichtstun erwischt zu werden?
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lemski (importiert durch analogarchi) - 31. Dez, 16:35
Und? Heute schon aufs Auto verzichtet? Mal wieder das Fahrrad geölt und in die Stadt geradelt? Oder anstatt eines Vollbades geduscht? Komisch. Irgendwie müssen immer erst immer die anderen was machen, bevor man selbst aktiv wird. Ganz schön bequem das alles. Und bevor die Politik handelt, hat das Privatleben Schonfrist? Klar, kann man machen. Man kann auch ein Feuer auf dem Parkett im Wohnzimmer machen und sich nachher darüber beschweren, dass alles verkohlt ist. Man wollte es doch nur warm haben. Aber solange “Öko” noch ein Schimpfwort ist für Leute, die sich ernsthaft engagieren, wird sich so schnell nicht so viel ändern.
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lemski (importiert durch analogarchi) - 31. Dez, 16:34
Mit dem großen T. macht das Leben Spaß. Wir laufen zusammen durch die Stadt. Wir trinken was. Und wir essen was. Und wenn wir richtig mutig sind, dann setzen wir uns auf das Sofa dieses kaffeespezialistischen Globalisierungsgewinners. Wir reden dann über dies und das und vergessen darüber, dass wir eigentlich politisch völlig unkorrekt handeln. Später fühlen wir uns dann ganz mies. Nicht nur weil der Kaffee nicht geschmeckt hat. Sondern auch weil wir gegen unsere Überzeugung gehandelt haben. Deshalb haben wir uns ganz schnell eine eigene, ganz gemein wasserdichte Ausnahmeregelung gestrickt. Jetzt kann der Kaffee noch so schlecht schmecken: Wir haben auf jeden Fall ein gutes Gewissen.
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lemski (importiert durch analogarchi) - 31. Dez, 16:27
"Aushilfe gesucht". Nettes Angebot. Und dann auch noch auf 400-Euro-Basis. Schuhe verkaufen kann ich nicht, aber mich interessiert dann doch, wie lange ich für 400 EUR Monat für Monat in diesem Laden stehen müsste. Also rein. Mit Verstand, aber ohne feste Absichten. "Ich interessiere mich für die Stelle als Aushilfe", sage ich. "Och", sagt die Filialleiterin, "wir nehmen nur Frauen. Wir sind gar nicht auf Männer eingerichtet." Hupps, ob das so richtig ist? Was würde dazu denn das Allgemeine Gleichberechtigungsgesetz sagen?!? Die Frau versteht nur Bahnhof. Fühlt sich gar angegriffen, als ob ich gleich zum nächsten Anwalt rennen und sie verklagen würde. "Geben Sie mir doch Ihre Adresse, dann können wir uns ja bei Ihnen melden", sagt die Filialleiterin eines großen Latschenherstellers. Die Frau versteht nicht. Überhaupt nicht. Also raus aus dem Laden. Bevor es ein Unglück gibt. Als ich die Türklinke schon in der Hand habe, höre ich die Frau sagen: Vielleicht wäre es besser, wenn ich schreibe: ,weibliche Aushilfe’ gesucht!" Als Anwalt hätte ich heute viel Geld machen können. Vielleicht gründe ich zur Abwechslung mal einen Abmahnverein. Scheint ja ohnehin en vogue zu sein.
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lemski (importiert durch analogarchi) - 31. Dez, 16:22